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Unterirdische Attraktion: Bunker auf Helgoland


Unterirdische Attraktion
Unterirdische Attraktion: Bunker auf Helgoland

Von dpa
Aktualisiert am 12.04.2012Lesedauer: 3 Min.
Helgolands Bunker sind heute bei Touristen beliebtVergrößern des BildesHelgolands Bunker sind heute bei Touristen beliebt (Quelle: dpa-bilder)
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Vor 67 Jahren zerstörten britische Bomben die Hochseeinsel Helgoland. Heute besuchen jedes Jahr tausende Touristen die Stollen und Bunker, die als Schutz vor den Angriffen dienten. Sehen Sie die Schutzeinrichtungen 18 Meter tief unter der Erde auch in unserer Foto-Show.

Schwerer Luftangriff auf Helgoland 1945

Tausend britische Bomber werfen am 18. April 1945 ihre tödliche Last über Helgoland ab. Etwa hundert Minuten dauert der Luftangriff auf die von den Nationalsozialisten zur Festung ausgebaute deutsche Hochseeinsel. Am nächsten Tag starten die Flieger erneut. Am Ende steht fast kein Haus mehr, es gibt viele Tote und Verletzte. Mehr als 2000 Menschen überleben in der in Fels gebauten zivilen Bunkeranlage. Eine von ihnen ist die heute 83-jährige Insulanerin Erni Rickmers, die Schwester des 1997 gestorbenen Kinderbuchautors James Krüss ("Timm Thaler"). "Zwei Tage lang durften wir den Bunker nicht verlassen, wir lebten wie in einer Höhle", erinnert sich Erni Rickmers.

Touristen besuchen die Bunker, Helgoländer nicht

350 Meter Stollen existieren noch, mehr als 15.000 Touristen besichtigen sie jedes Jahr. "Viele der älteren Helgoländer gehen bis heute nicht in den Bunker, weil die Erlebnisse zu stark waren", berichtet Jörg Andres, Leiter des Museums Helgoland, das für den Bunker verantwortlich ist. Erni Rickmers sagt von sich selbst, sie habe die Ereignisse verarbeitet. "Ich war jung und unbedarft, da geht man mit solchen Dingen ganz anders um", meint die zierliche alte Dame. Gemeinsam mit Andres geht sie im Helgoländer Oberland, dem höher gelegenen Teil der Insel, auf eine Reise in die Vergangenheit. 90 Treppenstufen führen 18 Meter tief hinab in die engen Stollen. Kaltes Neonlicht strahlt von der Decke. Die weiße Farbe an den Bunkerwänden ist an vielen Stellen abgebröckelt, Feuchtigkeit dringt ein und lässt Algen wachsen.

Jeder Person blieben 50 Zentimeter

Langsam spazieren Andres und Rickmers durch die langen, trostlos leeren Gänge. 750 Meter Länge sollte der Bunker einst haben, angelegt für 4000 Menschen, aber er wurde nie ganz fertig. Ende des Zweiten Weltkriegs waren es etwa 600 Meter Stollen. An den Wänden standen damals Holzbänke, auf denen jeder Zivilist einen fest zugewiesenen Sitzplatz hatte. "Jeder Person blieben 50 Zentimeter, hinlegen konnte man sich nicht", sagt Andres. Die Stollen haben unterschiedliche Namen, im sogenannten Fuchsbau bleibt Rickmers plötzlich stehen. "Hier war unser Platz", sagt sie und zeigt auf den dunklen Boden.

Alarm kam um die Mittagszeit

67 Jahre zuvor: Die 16-jährige Erni ist Lehrling in der Helgoländer Sparkasse. Fast täglich ist Luftalarm, weil Helgoland in der Einflugschneise der Royal Airforce liegt, das Warten im Bunker gehört zum Alltag. Doch nur vereinzelt fallen Bomben, im Oktober 1944 wurden bereits Teile des Unterlandes zerstört. Am 18. April 1945 dann jedoch der große Luftangriff. Der Alarm kommt um die Mittagszeit. Ernis Großvater verlässt den Bunker noch mal kurz, er will das warme Mittagessen holen, das noch auf dem Herd steht. Er kommt nicht zurück. Erni harrt mit ihrer Großmutter und Geschwistern im Bunker aus. Unter Bänken hat jede Familie einen Koffer mit ihren wichtigsten Habseligkeiten und ein bisschen Kleidung. Eine Gasmaske und Essgeschirr gehören zur Grundausstattung. Zwei Tage lang sitzen die Menschen auf ihren Plätzen. Die Kanalisation ist zerstört, es stinkt nach Fäkalien. Erni kann einen Job bei der Essenausgabe ergattern, der ihr im Bunker Ablenkung und Bewegung bringt. Es gibt Haferflocken in Wasser und Dosenmilch gekocht. Noch heute sind die Ofenanschlüsse in der früheren Bunker-Küche zu sehen.

Fotos und Radioaufnahmen erinnern an den Angriff

Als die Helgoländer endlich wieder ins Licht dürfen, ist ihre Heimat zerstört, und sie müssen sie verlassen. Die Briten nutzen die unbewohnte Insel sieben Jahre lang als Bombenübungsziel. Am 18. April 1947 zerstören sie mit etwa 7000 Tonnen Munition alle militärischen Anlagen. An diesen "Big Bang" erinnern im Bunker auch Fotos und Radio-Originalaufnahmen. Museumsleiter Andres ruft Erni Rickmers eine Warnung zu und drückt einen Knopf für den Ton. Die alte Frau hält sich die Ohren zu, als der gewaltige Lärm der Sprengung durch den Stollen tönt. Als Helgoland am 1. März 1952 freigegeben wird, ist die Insel nur noch eine Ruinenlandschaft. "Was zählt ist, dass man überlebt hat", sagt Rickmers. Die 83-Jährige ist müde, möchte zurück ins Tageslicht. Da schaut sie in Richtung Sonne und sagt lächelnd: "Die Erde hat mich wieder."

Weitere Informationen:

Einstündige Bunkerführungen Montag bis Samstag um 16.30 Uhr und sonntags um 10.00 Uhr, Sonderführungen nach Absprache. Karten bei der Helgoland Touristik unter +49 4725 80813. Internet: www.museum-helgoland.de/html/bunker.html

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